REVIEWS

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY
Lieder mit und ohne Worte
Songs with and without Words

Thomas Michael Allen, tenor
Reinild Mees, piano
Ars Produktion





 


Review by Fridemann Leipold - December 2009

Zum Abschluß des Mendelssohn-Jahres 2009 präsentiert das deutsche Label ARS PRODUKTION ein Album, das sich einer eher vernachlässigten Facette im Schaffen des Jubilars widmet: der Liedkunst. Zwar sind Mendelssohns "Lieder ohne Worte" für Klavier populär - seine "richtigen" Lieder nach Texten von Uhland, Heine, Eichendorff, Lenau und anderen romantischen Dichtern sind jedoch selten zu hören. Da kommt dem amerikanischen Tenor Thomas Michael Allen und seiner niederländischen Klavierbegleiterin Reinild Mees das besondere Verdienst zu, "Lieder mit und ohne Worte" von Mendelssohn in bunter Reihe und bester Qualität vorzustellen. In der heutigen "CD-Box" erleben sie daraus drei Gruppen, zunächst drei für den Liedkomponisten Mendelssohn so typische Frühlingslieder - was für eine Verheißung ...

Der Tenor Thomas Michael Allen stammt aus Chicago und hat sich mit den lyrischen Partien seines Fachs auf der Opernbühne ebenso bewährt wie etwa als gefragter Evangelist in Bachs Passionen. Sein lyrisches Timbre und seine prägnante Diktion machen Allen darüber hinaus zu einem idealen Liedinterpreten. Seine Begleiterin Reinild Mees musiziert hier auf einem originalen Érard-Flügel von 1844 aus der gleichnamigen Pariser Manufaktur, deren Instrumente Mendelssohn nachweislich besonders schätzte. Es folgen zwei Beispiele aus dem Genre der Elfen- und Hexenlieder - sie rahmen das wohl bekannteste Lied Mendelssohns ein: "Auf Flügeln des Gesanges".



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Review by Uwe Schneider - crescendo, das klassikmagazin - January 2010

Stilistische Klarheit
AUTHENTISCHES KLANGGEWAND

Kaum ist das Mendelssohn-Jahr 2009 verklungen, folgt noch eine Maßstäbe setzende CD mit Liedern des Komponisten. Tenor Thomas Michael Allen hat sich dem oft vernachlässigten Liedschaffen Mendelssohns angenommen und mit schlankem, klar fokussiertem, frei aufblühendem Tenor exemplarische Interpretationen aufgenommen. Es ist ein Mendelssohn voller Intimitat, mit wechselndem Farbenspiel der Stimme und dabei mit vorbildlicher Diktion. Episodenreich gestaltet er mit der präzise reagierenden Reinild Mees, die auf einem historischen Pianoforte in großer Klarheit und Vitalität begleitet, Gefühlsregungen zwischen Überschwang und Melancholie. lm kongenialen Zusammenwirken der beiden Künstler eröffnet sich ein Farb- und Klangspektrum, das virtuos die Stilistik der Salons des 19.Jahrhunderts heraufbeschwört, Authentizität atmet und einmal mehr verdeutlicht, dass Lieder dieser Epoche keine Kunstgebilde sind, sondern intime, persönliche Gedankengebilde.



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Review by Stephan Schwarz - Fono Forum - November 2010

Das Werk Felix Mendelssohns hatte eine gewaltige Ausstrahlung auf seine Zeitgenossen. Nicht zuletzt Robert Schumann vergötterte ihn geradezu und versuchte ihm das ein oder andere abzulauschen. Dass Schumann heute dennoch als der bedeutendere Liedkomponist gilt, hat sicherlich mit seiner von Mendelssohn sehr abweichenden Herangehensweise an diese Gattung zu tun. Während Schumann große Zyklen schuf und mit einer teilweise sehr anspruchsvollen Klavierpartgestaltung die Pianisten zu gleichwertigen Partnern der Sänger erhob, begnügte sich Mendelssohn zumeist mit einer einfacheren Setzart. Innerhalb dieser fast schon bescheidenen Sicht auf das Lied schuf er freilich Miniaturen von unerreichter Schönheit, von denen der amerikanische Tenor Thomas Michael Allen für sein neues Album einige zusammengetragen hat. Kombiniert wurden sie mit einer Auswahl von Exponaten einer anderen musikalischen Kunstform, die Felix Mendelssohn in dieser Gestalt überhaupt erst erfunden hat: Lieder ohne Worte.

Mit großer Modulationsfähigkeit gelingt es Allen, den jeweiligen Charakter der in einzelne Sektionen aufgeteilten Lieder zu treffen, von der beschwingten Grundstimmung der Frühlingsgesänge bis zum eher dunkel umwölkten, von Todesahnung getragenen "Nachtlied". Bei ausgesprochen anmutig klingender Stimme kommt auch die Textverständlichkeit nicht zu kurz. Reinild Mees ist eine adäquate Partnerin auf dem Èrard-Flügel von 1844.



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Review by A. Laska - Das Opernglas - January 2010

Felix Mendelssohn Bartholdys Lieder gelten gemeinhin nicht als Meisterwerke des durchaus meisterhaften Komponisten, werden all zu oft als gefällige Gebrauchsmusik abgetan. Aber 2009 war (auch) ein Mendelssohn-Jahr, und so haben diese Miniaturen einmal wieder den Weg auf CD gefunden. Der englische Tenor Thomas Michael Allen und die niederländische Pianistin Reinild Mees haben sich des Liedkomponisten Mendelssohn angenommen und dabei diese Lieder mit Worten mit einigen der berühmteren "Lieder ohne Worte" durchsetzt.

In der Tat ist es vor allem die Pianistin, die dieser Aufnahme ihren besonderen Reiz verleiht und mit ihr das Klavier, auf dem sie spielt. Mees hat nämlich für diese CD einen Konzertflügel aus dem Jahr 1844 ausgewählt, dessen Schöpfer – der Pariser Klavierbauer Pierre Érard – einst ein Freund des Komponisten gewesen war. Dass dieser Érards Klaviere überaus schätzte, kann man beim Anhören dieser Aufnahme sofort nachvollziehen: Der lichte, duftige Klang des historischen Instruments scheint wie geschaffen für Mendelssohns leichtfüssig dahinperlende, gänzlich unsentimentale Klaviersätze. Vor allem aber passt dieser Klang hervorragend zu Allens heller, schlank geführter Tenorstimme, der jedes (pseudo-) romantische Pathos fremd ist. Dort jedoch, wo Mendelssohn das Gefällige hinter sich lässt, wo er – wie im "Frühlingslied" op.47 Nr.3 oder im "Reiselied" op.34 Nr.5 – Schubertsche Dimensionen erreicht, gerät Allens Tenor noch an Grenzen.



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